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LAUDATIO FÜR MANFRED MILLER den Lahnsteiner Bluespreisträger von Tom Schroeder
Wenn man den Ausdruck „Blues“ googelt, erlebt man ein kleines blaues Wunder: mehr als eine halbe Milliarde Nennungen. Manfred Miller kommt nicht ganz so häufig vor. Dennoch kann man, mit einem schönen Wortspiel von ihm, über ihn sagen: Mainz 1970, am „langen Tisch im Gonsbachtal“ nimmt Platz: die Liebe. Damals hieß sie noch Ingrid Bahr, seit 1979 heißt sie Ingrid Bahr-Miller. Ab 1980 ist Manfred festangestellter Kulturredakteur beim Mainzer Südwestfunk, SWF. MMM. Manfred „Multitasking“ Miller es gibt wohl kaum einen Job in Funk und Fernsehen, den er zwischen und neben Redaktion, Studio, Ü-Wagen und Konzert noch nicht gemacht hätte: Aufnahmeleiter, Autor, Archivar, Ansager, Ausputzer, Konzeptplaner, Programmheftschreiber, Produzent, Regisseur, Cutter, Mischer, Reporter. Zum Spaß kann er aus dem Stand eine Fußballreportage zweier Phantasie-Vereine liefern, auf Herbert Zimmermann-Niveau, mindestens. Er hat unzählige Bluesstücke kongenial ins Deutsche übertragen, vor allem in seiner einflussreichen Radiosendung BLUES TIME, 2. Programm SWF/SWR. Nicht nur für die Serie, und da speziell für gemeinsame Auftritte mit Alexis Korner, schrieb Manfred auch eigene Songs auf Deutsch, von ihm stammen ganze Bluesicals. „Ich hab den Blues schon 'n bisschen länger“ so hieß es 1982 auf einem Album der Osnabrücker Bluescompany, Musik: Tosho Todorovic, Text: Manfred Miller. Oder: Lydie Auvray, Irith Gabrielys Colaleila, Hein & Oss, Black & Pontocs, Hanns Dieter Hüsch, Hannes Wader, Colin Wilkie, Blumfeld, Stoppok, Schnuckenack Reinhardt, Pit Klein, Annette, Kai und Jan Degenhardt (ein Who's Who der einheimischen Folk- und Liedermacherszene) sie alle feiern, zusammen mit 3.500 Gästen, nachträglich den 65. Geburtstag des Chanson-Poeten Franz Josef Degenhardt. Und Chris Jones & Steve Baker bluesen den Blues in the night. 2008 taucht Millers Satz auf als Titel eines respektablen Sammelbandes: „Ich hab den Blues schon etwas länger Spuren einer Musik in Deutschland“, herausgegeben von Michael Rauhut und Reinhard Lorenz, Christoph Links Verlag Berlin. Da gibt's einiges von Manfred Miller und über Manfred Miller. Manfreds Lebenswerk (bisher jedenfalls) ist wohl sein Buch „Um Blues und Groove Afroamerikanische Musik im 20. Jahrhundert“, Ein gewichtiges Buch, es könnte für zwei bis drei Doktorarbeiten langen, wenn nicht für mehr. „Um Blues und Groove“ erzählt eine ganz andere, unerwartete und unerhörte Geschichte der afroamerikanischen, afrikanischen und abendländischen Musik. Als Belege dienen unter anderm gut einhundert bekannte und weniger bekannte Bluesstücke, die in bewährter Millerscher Manier synchron ins Deutsche übertragen sind. Siegfried Schmidt-Joos, Millers erster Radiomentor und eine Koryphäe des Musik - Journalismus in Deutschland (genau, der Rock Lexikon-Sigi!), ist vom Buch so begeistert, dass er den Autor in der Nachfolge des großen Jazz-Publizisten Joachim-Ernst Berendt sieht. Michael Seiz spricht im Fachmagazin bluesnews von einem „imposanten Werk", und vermutet als Zielgruppe vor allem „musik- und kulturwissenschaftlich vorgebildete Kreise“. Und was sagt die Musik-Wissenschaft? Ich habe mich erkundigt: Jürgen Hardeck, Professor für Jazz- und Rockgeschichte an der Hochschule für Musik in Mainz (und, genau, auch Leiter des Kultursommers Rheinland-Pfalz) war „total überrascht von der ungeheuren Fülle und Vielfalt des Werks“. Hardeck hat das Buch zusammen mit Manfred Miller und feinstem Jazz an der Mainzer Uni vorgestellt und vergleicht es mit „dem mächtigen Mississippi (...), weil es sich aus so vielen Zuflüssen speist und zum großen Delta von Blues & Groove vereint“. Michael Rauhut schließlich aus Berlin, Professor für populäre Musik in Kristiansand, Norwegen, schreibt mir am 18. August 2020: „An Manfred Miller hat mich immer fasziniert, dass er verschiedene Reflexionsebenen ganz selbstverständlich miteinander vermählt: Er schließt die Sicht und Sprache des Journalisten mit dem Wissen des Forschers kurz. Ich schätze ihn als Brückenbauer und einen Mann, dessen Herz offenbar weiter für die Sache lodert. Das klingt selbstverständlicher als es ist. Stark, dass er den Blues-Louis bekommt, er hat ihn verdient“, sagt Michael Rauhut einer von vielen, die gratuliert haben: dem Preisträger, klar, aber auch unserer Gruppe, für die Nominierung Blues das war doch dieser langsame Tanz, Blues immer traurig und immer 12 Takte. Was 'n Quatsch, aber solchen Quatsch gabs jahrzehntelang hierzulande. Als ob die Leute in die Blueskonzerte gehen, damit sie hinterher so schön traurig sind. Vor- und Fehlurteile dieser Art konnten inzwischen etwas abgebaut werden, auch dank Manfred Millers Arbeiten über (so nennt er sie) die „realistische Unterhaltungsmusik Blues“. Wäre es möglich, diese Arbeiten und das, was einen bei der Arbeit hält, kurz zu beschreiben? Und noch ein Vers von Dir? MM: ein Vers von Peter Rühmkorf: „Bleib erschütterbar - und widersteh.“ Den Lahnsteiner Bluespreis 2020, diesen nach Louis Armstrong benannten BLUES-LOUIS, erhält Manfred Miller einer von denen, die 1981 dem Festival seine guten Geister eingeblasen haben. Zu den ersten Gratulanten gehörte jetzt der renommierte Hamburger Autor Detlef Siegfried, Professor für Neuere Deutsche Geschichte und Kulturgeschichte an der Universität Kopenhagen. Sein Hauptwerk, mehr als 800 Seiten über die Jugendkulturen der 1960er Jahre, klingt wie ein Versprechen: TIME IS ON MY SIDE. In ihrem Namen : Glückwunsch, Manni! Halte und erhalte Dich! |
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